Eines der wohl schwierigsten Probleme für einen Trainer ist der Umgang mit den ihm anvertrauten Mannschaften und Spielern. Dieses Problem ist allerdings nicht nur im Sport bekannt, sondern betrifft generell alle Personen, die eine Führungsfunktion bekleiden (Lehrer, Gruppenleiter etc.). Dabei kommt es immer vor, daß die Personen, die geführt werden, eine Bewertung vornehmen, ob der „Vorgesetzte“ erfolgreich ist oder nicht. Vielfach werden die eigenen Kompetenzen ausgenutzt und es wird mit „harter Hand“ regiert. Ob das aber den gewünschten Erfolg bringt, seit dahingestellt.
Bestimmte Verhaltensweisen des Führenden werden in der Erfolgsoptimierung teilweise ins Gegenteil verkehrt, d. h. Fehlverhalten fördert nicht, sondern bremst eine erfolgreiche Entwicklung. Zunächst aber sollte die Frage geklärt werden, was unter Führung zu verstehen ist. Aus der Einordnung in eine bestimmte Position, also Lehrer, Chef oder Trainer, ergeben sich bestimmte Aufgaben, die ausschließlich den Bereich abdecken, in dem der Führende tätig ist.
Der Trainer hat eine klar definierte Funktion (die sog. Führungsfunktion). Allgemein heißt das, er hat einen abgesteckten Kompetenzbereich, einen festgelegten Entscheidungsspielraum und das Recht auf Initiative innerhalb seines Aufgabenbereiches.
Kompetenzbereich<
Was heißt abgesteckter Kompetenzbereich? Bei der Analyse der Kompetenzen, also Aufgaben, die mit der Funktion des Trainers verbunden sind und die er lösen muß, gibt es besonders bei Trainern der unteren und mittleren Leistungsbereiche (und damit auch in den meisten Jugendmannschaften) schon erhebliche Schwierigkeiten. Indem er die Funktion eines „Mädchen für alles“ übernimmt (teilweise freiwillig; teilweise gezwungenermaß,en, weil ansonsten niemand da ist), begibt er sich auf das Parkett der Konflikte. In seinen Kompetenzbereich gehören ausschließlich solche Aufgaben:
- Gestaltung des Trainings nach den Grundsätzen von Leistungsvermögen und geplanter -entwicklung seiner ihm anvertrauten Sportler. Das setzt allerdings voraus, daß, er in der Lage ist, sorgfältig zu analysieren und daraus die notwendigen Maßnahmen ableiten zu können.
- Gestaltung des Trainings nach den Grundsätzen der Trainingslehre. Als Spielertrainer sollte man wissen,
- welche methodischen Schritte erforderlich sind, um Bewegungen, also technische Voraussetzungen, zu trainieren.
- wo Belastungsgrenzen deutlich werden, um die Spieler weder zu unter- noch zu überfordern.
- welche Voraussetzungen erforderlich sind, um taktische Bereiche des Spiels sinnvoll zu entwickeln und aufzubauen.
- Gestaltung und Betreuung des Wettkampfes auf der Basis von
- Trainingsleistungen,
- Leistungsvermögen der Spieler im technisch-taktischen Bereich,
- Erkennen der Motivation der einzelnen Spieler und den damit verbundenen Problemen in Einsatzbereitschaft, Willenseigenschaften und Konfliktverhalten.
- Hier sind die Aufgaben angesiedelt, die nicht unmittelbar mit dem Trainingsbetrieb und Wettkampf zu tun haben (z. B. Planung und Organisation von Training und Wettkampf). Dazu gehören Trainingshäufigkeit, Hallen- und Platzbeschaffung oder die Verwaltung von Geldern. Diese Aufgaben sind meistens zusätzlich den Trainern der unteren und mittleren Leistungskategorien zugeordnet. Wie bereits angedeutet, liegt hier oft eine deutliche Überforderung in der Aufgabenstellung der betreffenden Trainer.
Daher ist es notwendig, bei der Übernahme der Aufgaben den Kompetenzbereich vorher sorgfältig abzustecken, um spätere Unstimmigkeiten im Keim ersticken zu können. In der ersten Euphorie, die sich meistens einstellt, wenn vordergründige Einigkeit beim „Vertragsabschluß“ erzielt worden ist, werden die Schwierigkeiten, die sich mit der Übernahme solcher Aufgaben verbinden, häufig verdrängt. Hier liegen dann die Wurzeln des späteren Scheiterns.
Im Kompetenzbereich wird durch den Führenden „Führung“ ausgeübt, mit anderen Worten, der Führende seitzt die zugeordneten Personen (Spieler), Sachen, Mittel im Sinne der vorgegebenen Ziele, Aufgaben und Anforderungen ein. Die klare Abgrenzung seines Kompetenzbereiches mit der Erfüllung seiner Aufgaben und Anforderungen ist gleichzeitig auch das Kriterium für seine Führung. Wenn der Trainer Führer ist, muß er sich an dieser Definition messen lassen.
Entscheidungsspielraum
Zum Bereich „Führung“ gehört die Aussage: Der Trainer hat einen festgelegten Entscheidungsspielraum. Kompetenzbereich und Entscheidungsspielraum bedingen sich. Analysiert man den Begriff „Entscheidungsspielraum“, dann muß man sich an den Kriterien zum Kompetenzbereich orientieren:
- Als Trainer hat man das Sagen bei Planung, Organisation und Durchführung des Trainings. Man legt anhand der eigenen Leistungsanalyse, den Planungszielen und den organisatorischen Möglichkeiten die Rahmenbedingungen und die inhaltliche Gestaltung des Trainings fest.
- Man entscheidet über
- den Einsatz von Spielern auf bestimmten Positionen
- den grundsätzlichen Einsatz der Spieler
- die Anwendung der Taktik mit „Überwachung“ der Einhaltung der taktischen Marschroute
- Art der Strafen bei eventuellem Fehlverhalten seiner Spieler
Somit verfügt der Trainer über ein gutes Maß an Machtfülle, die wenig Konfliktstoff enthält, wenn der Trainer sich an die festgelegten Rahmenbedingungen (Kompetenzbereich und Entscheidungsfreiheit) hä,lt und die Machtfülle sinnvoll einsetzt. Allerdings wird der Trainer beweisen müssen, ob er damit umgehen kann. Wenn in seinem Wissen, Können und Verhalten mehr oder minder entscheidende Defizite auftreten, wird sich sein Kompetenzbereich und Entscheidungsspielraum auf null zu bewegen.
Recht auf Initiative
Was ist darunter zu verstehen? Im Prinzip ergänzt diese Aussage Kompetenz und Entscheidungsspielraum, denn mit der Abgrenzung wird auch das Recht auf Initiative beschränkt. Darum sollte es nicht „Recht aus Initiative“, sondern „Pflicht zur Initiative“ heißen. Ergänzend könnte hier genannt werden, daß der Führende
- Aufgaben delegiert (z. B. organisatorische Maßnahmen).
- die Erfüllung dieser Aufgaben fordert.
- Ergebnisse kontrolliert.
Auch hier gibt es wieder Konfliktstoff. Im unteren Leistungsbereich sind Mitarbeiter bei geforderter Eigeninitiative in der Erfüllung gestellter Aufgaben überfordert, so daß es zum Beispiel zwischen Trainer und Betreuer zu Spannungen kommt, die ein konfliktfreies Arbeiten nicht garantieren. Im oberen Leistungsbereich sind die Kompetenzen grundlegend anders verteilt (Trainer und Manager).
Führungsfunktion
Unter diesem Begriff sind die Aufgaben zu verstehen, die ein Führender erfüllen muß, um der Führungsfunktion gerecht zu werden. Diese Aufgaben sind klar umrissen:
- Zielsetzung
- Planung und Organisation
- Entscheidung
- Realisation
- Kontrolle
Im Mannschaftssport heißt das, daß der Trainer allein verantwortlich ist für das Erreichen der konzipierten Ziele. Dabei muß unterschieden werden zwischen den verschiedenen Ebenen der Leistung. Im Hochleistungssport sind dem Trainer Assistenten (Co-Trainer, Mediziner) zugeordnet, was ihn letzten Endes aber nicht von der Alleinverantwortung entbindet. Im unteren Leistungsbereich, in dem sich die meisten Trainer bewegen dürften, hat der Trainer diese Möglichkeiten nicht. Er wird mit der Führungsfunktion konfrontiert, womit er völlig alleine verantwortlich für die (von ihm) gesteckten Ziele ist.
Es gibt natürlich verschiedene Störfaktoren, die das Erreichen der Ziele beeinträchtigen (können):
- zu hohe Erwartungen durch Personen des Umfeldes (Vereinsfunktionäre, Sponsoren, Fans und Spieler)
- gezielte Negativeinwirkungen durch die Medien, Fernsehen, Rundfunk
- Spieler mit mangelndem Einsatz, Disziplinlosigkeiten, eingeschränkter technisch-taktischer Spielfähigkeit
- negative Wettkampfbedingungen durch mangelnde Vorbereitung oder (vermeintliche) Fehlentscheidungen durch den Schiedsrichter
- Defizite des Trainers:
- mangelnde Führungsqualität im pädagogischen und psychologischen Bereich
- Schwächen in der Persönlichkeit
- Kenntnislücken im Sachbereich
- Schwächen bei der Vermittlung
Alle Störfaktoren sind prinzipiell Gegner des Trainers, wobei die Medien im unteren Leistungsbereich ausscheiden.
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